Mustergültige Muskelmänner rennen bei knapp 40 Grad im Schatten die Strand-Promenade rauf und runter, das Meer bespielt gleichzeitig tausende von Strandbesuchern und Sonnnhungrigen, dichtes Gedränge überall, wo man auch ist, ein doch irgendwie friedliches Neben- und Miteinander in einer pulsierenden Metropole an der Costa Brava, Barcelona lebt, und zwar von uns: Wir Trottel-Touris! Und das ziemlich heftig, wie ich finde.
Wenn man genau hinschaut, dann sieht man hier und da einen Aufkleber an einer Wand oder auf einem vorbeifahrendem Radel: „Tourism kills the city!“ Und es ist so wahr. Man erlebt hauteng, wie es ist, wenn hunderttausende Besucher und Touristen tagtäglich durch die Stadt und die engen Gassen fluten, einfach nur Menschenmengen und ein wenig ertappt man sich vielleicht beim Gedankenspiel, das ist nicht richtig so! Sollte es vielleicht wirklich Besucher-Quoten geben? Aber was macht dann diese Stadt, die einzig und allein vom Besuch dieser verdammten Touristen lebt?
Das System funktioniert noch irgendwie, wobei es sich in dieser großen Stadt immer noch irgendwie verteilt, allerdings sind die „Touri hotspots“ nichts für weiche Gemüter, das muss man schon abkönnen mit Wartezeiten von zweieinhalb Stunden vor der Sagrada zum Beispiel. Auch eine schnöde Busrundfahrt schlägt mit happigen 30 oder 40 Euro zu Buche, noch nicht die Einzelstations-Eintritte inbegriffen. Nichts für Menschen mit schwachem Portmonaie. Auch das Essen in Barcelona steht bei den Preisen Stuttgart oder München in Nichts nach. Was ich ziemlich schnöde finde.
Es gibt verdammt schöne Orte, auch welche, die eine besondere Intimität, Ruhe und Atmosphäre in all dem Getümmel bereithalten, man muss sie nur erst einmal finden! Wie zum Beipsiel die verlassene Spielstätte und Arena von Mensch und Tier inmitten der Stadt. Komplett verwaist und verlassen. Zwanzigtausend Sitze schauen auf einen herab im Sandkreis! Imposant. Aber was in jedem Fall entschädigt ist das Meer, das nun einmal immer da und immer erreichbar ist. Aber natürlich ganz besonders entspannend zur frühen Morgenstund oder späten Abendzeit ist.
Die Authenzität der Stadt verschwindet langsam, wird selbst zur Fasade und Kulisse. Überall ein leicht siffiger Charme, Barceloneta erinnert an Friedrichshain-Kreuzberg, der nördliche Statbezirk Forum ähnelt dem Flair von La Defense in Paris oder dem Potsdamer Platz in Berlin.
Übrigens: DER schlechteste Reiseführer aller Zeiten ist und bleibt der von „LonleyPlanet“, es ist wirklich nicht zu fassen, jedes zweite Wort ist entweder „atemberaubend“ oder „bezaubernd“, nicht ganz, andere Superlativ-Adjektive und Schlauheiten bleiben nicht unerwähnt, zum Beispiel steht dort zum Gaudi-Güell-Park so ein ausgehobelter Schwachsinn wie: „…die Kunstwerke wirken natürlicher als die Natur!“ Aha. Wissen doch diese Dreikäsehochs von Monsterschleimautoren die raffiniertesten Tricks für den geneigten Barcelona-Besucher. Da dreht sich einem glatt der Magen um, eine Etage tiefer bitte.
Auf jeden Fall lieben die Menschen von Barcelona ihre heiß-verwöhnten Vierbeiner, und das möglichst im Doppelpack oder gar im Dreierspiel. Und sie lieben es, bis spät in die Nacht draußen zu sein. Barcelona ist die nun einmal eine feierwütige Partystadt, si claro! Nicht ganz ungewöhnlich für Länder im Süden Europas. Aber es geht auch ein bisschen leiser. Wer sich ein Bild davon machen will, muss in die abseits gelegenen Stadtteile fahren. Dort ist so manches farbenfrohe Spiel und Miteinander zu bewundern. Noch einmal zurück zum Anfangsthema: Barcelona lohnt, aber es gibt mit Sicherheit bessere Plätze an der spanischen bzw. katalonischen Küste zum Verweilen, wenn man denn auf den „atemberaubenden“ Kunst-Kitsch von Gaudi und Co verzichten kann. Und so verschwinde ich nach einer Woche Gewaltmärsche und Erkundungen. Guten Flug! muchas gracias. ole.
Das ist mein Abschiedsbild am Flughafen, der Typ steht einfach auf verlassenem Posten.