Aus gegebenem Anlass möchte ich an den großartigen Kabarett- und Humorist Gerhard Polt erinnern und ein kleines, angenehmes Stück von 1984 (!) vortragen. Mit freundlicher Genehmigung des Verlages, hoffe ich. Eine kleine, vielleicht alltägliche Szene, die überall in Deutschland wieder aktuell sein könnte. Mit der bayrischen Mundart wird das Ganze natürlich noch charmanter. Aber bitte, sehen Sie selbst.
„Der neue Mieter“
Herr Vögele geht im Treppenhaus, Frau Humpel öffnet eine Haustür einen Spalt.
Frau Humpel: Psst, Sie, Herr Vögele….
Herr Vögele: Ja?
Frau Humpel: Ham S’an Augenblick Zeit?
Herr Vögele: Ja, wieso?
Frau Humpel: Sie ham S’aa scho ghört, oder?
Herr Vögele: Ja, wasn?
Frau Humpel: deutet nach oben Dritter Stock…
Herr Vögele: Ahso, der neue Mieter, jaja, ein leidiges Kapitel.
Frau Humpel: Können S‘ scho gleich auf an Dauerknoblauchgeruch einstelln. Am End riecht ma selber danach.
Herr Vögele: Ja, ich derf ja garnet, scho wegam Gschäft, i muaß ja ständig mit Leut umgehn.
Frau Humpel: Ja, da wern S‘ spitzn, da nehmen die keine Rücksicht, die essen nix anders.
Herr Vögele: Ich hab ja an und für sich garnix gegan Knoblauch einzuwendn, aber permanent dann dieser Geruch da herin.
Frau Humpel: Aber Sie wern sehn, des kimmt auf uns zu. Und Kinder sollns habn.
Herr Vögele: Ja, des hams ja alle, und net z wenig.
Frau Humpel: Da wern’s schaugn, da wern ma no was erlebn, und de san doch vollkommen unerzogn, weil, die san doch alle so kindernarrisch.
Herr Vögele: Dann ham mir zum Gstank noch den Radau. Und de san dann vermutlich erst die Vorhut, wer woaß, was dann noch alles nachkimmt.
Frau Humpel: Ja, man liests ja ständig mit dene Großfamilien, und keiner von dene kann dann ein Wort deutsch, und die grüßen auch garnet…
Herr Vögele: Und diese Musik, dieses Gedudel, rund um die Uhr, mir samma doch hier kein Basar.
Frau Humpel: Ja Herr Vögele, wenn S‘ mich fragn, des dürfn mir garnet erst einreißn lassen, d Frau Kuschmelka hat auch schon gsagt: Wehret den Anfängen. Sie hat gsagt, nur noch energisch bei der Hausverwaltung protestieren, und zwar namentlich und schriftlich.
Herr Vögele: Ja, jetzt muß was passieren, weil, sonst is passiert. Ah, Frau Humpel, da soll doch scho a Unterschriftenaktion ingang sein, hab i ghört…
Frau Humpel: Ja genau, desweg hab ich Sie ja, des is doch der Grund, warum ich mit Ihnen, ah, Herr Vögele, ich habs grad da.
Herr Vögele: Was?
Frau Humpel: Da, Brief und Liste…
Herr Vögele: Ah, da, Dankschön… Liest.
Frau Humpel: Die Kusine von der Frau Kuschmelka is doch Sekretärin in ara Anwaltskanzlei, die hat den Brief aufgsetzt, die kennt sich da aus.
Herr Vögele: Mhm… und aus oben angeführten Gründen untragbar. Sehr gut, ja, sehr gut formuliert, jedenfalls deutlich. Ham S‘ was zum Schreibn da?
Frau Humpel: Da. Familie Stuhlmann hat auch unterschriebn, nur der Herr Opitz net.
Herr Vögele: Warum unterschreibt der net, der Feigling?
Frau Humpel: Naa, der sagt, des san bei ih persönliche Gründe, er war doch m KZ.
Herr Vögele: Ja, aba ma muß doch amal vergessn können. Des ist doch hier ganz was anderes.
Frau Humpel: Ja, mei…
Herr Vögele: Des geht doch schließlich um unser, ah, ah, mir samma doch hier in Deutschland, es gibt doch aa Deutsche, die wo a Wohnung suchn, sollens doch erst amal an die Deutschen vermietn, statt an diese anatolischen Berg!
Frau Humpel: Pßt…
Herr Ötztürk, gut gekleidet, geht an beiden vorbei.
Herr Ötztürk: Grußgott.
Humpel/Vögele: zögernd Ja, Grüß Gott
Frau Humpel und Herr Vögele beobachten stumm Herrn Ötztürk, bis, ein Stockwerk höher angelangt, eine Wohnng aufsperrt.
Herr Vögele: unterschreibt eilig Ja, Sie, da müß ma uns aber sputen mit der Aktion, de san ja scho so guat wie herin. Der schaugt sich ja schon um da drobn. Ich hab gmeint, de kommen erst.
Frau Humpel: Ja, ich bin selber überrascht, aber Möbel hams no koane herin. Geben S‘ her, i schicks nachad glei weg per Einschreiben.
Herr Vögele: Ja, höchste Eisenbahn…
Herr Ötztürk kommt wieder zügig zurück.
Herr Ötztürk: Ja, tschuldigung, wann ich unterbrechen, Ötztürk mein Name, ich habe diese Haus gekaufen, wohnen hier schon, und hoffen, schon, daß gutt Nachbarschaft haben.
Frau Humpel: Ah geh, Sie san des, Sie ham des Haus kauft, ja, des is aber nett. Hält ihm die Hand hin Humpel.
Herr Vögele: Ja, ah, angenehm, Vögele…